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Aktuelles

19.02.2018 | PM 061 – Kein Koalitionsvertrag für unsere Einwanderungsgesellschaft

Acht Gründe gegen die GroKo

Als Fachgremium für Migration, Teilhabe und Integration haben wir den Koalitionsvertrag auf Herz und Niere geprüft und kommen zu einem mehr als ernüchternden Ergebnis. Der Koalitionsvertrag bleibt weit hinter den schon erwarteten negativen Vorstellungen und liefert kaum einen positiven Aspekt für unsere Einwanderungsgesellschaft. Der Koalitionsvertrag bedeutet nicht nur vier Jahre Stillstand, sondern eine Reihe von Rückschritten. Folgend unsere Beurteilung und abschließend acht Sharepics, die wir ab morgen täglich auf Facebook veröffentlichen werden:

Die Koalitionsverhandlungen haben noch einmal vor Augen geführt, dass der Themenkomplex Migration, Integration und Teilhabe zur letzten Themenbastion der Nationalkonservativen in der Union verkommen ist. Dementsprechend ist dieses Themenfeld eines der besonders schwierigen im Vertragsentwurf. Kleinen Verbesserungen, die meist dann noch im vagen bleiben, stehen besonders problematische Beschlüsse gegenüber, die mit sozialdemokratischer Programmatik rein gar nichts zu tun haben und die Glaubwürdigkeit in diesem Bereich besonders gefährden. Vor dem Hintergrund einer großen Wählerbasis der SPD unter den ca. 6 Mio. Wähler*innen mit Einwanderungsgeschichte eine strategisch gefährliche Situation.

Auf der Habenseite stehen insbesondere die verbesserte Sprach- und Beschäftigungsförderung, Bekämpfung der Fluchtursachen, Verbesserung der Aufenthaltsperspektiven von langjährig Geduldeten und die Korrekturen beim Umgang mit der 3plus2-Regelung für Auszubildende. Alle Aspekte sind jedoch sehr unkonkret und wir haben in der letzten Legislatur eine Union erlebt, die den Druck der Stammtische bei konkreten gesetzlichen Regelungen sehr zur Geltung gebracht hat. Besonders ärgerlich bei den Vereinbarungen zu langjährig Geduldeten und bei der 3plus2-Regelung ist, dass wir hier an Stellen Korrekturen durchgesetzt haben, die in der letzten Legislatur schwer erkämpft, aber durch die Union in der Wirkung gebremst wurden. Und die Bekämpfung der Fluchtursachen schmückt mittlerweile jedes Papier zur Flüchtlingspolitik, ohne dass sich bisher tatsächlich etwas geändert hätte. Darüber hinaus ist der Abschnitt zur Erwerbsmigration ein Ansatz für ein gutes Einwanderungsgesetz. Auch hier ist jedoch wenig Konkretes aus dem originären Vorschlag der SPD-Bundestagsfraktion zu finden – was bis zum Namen Einwanderungsgesetz reicht.

Auf der negativen Seite stehen leider eine ganze Reihe problematischer Beschlüsse. Zum einen die Obergrenzen: eine symbolische Obergrenze durch die Benennung eines Korridors, der durch Maßnahmen eingehalten werden soll und eine tatsächliche Obergrenze für den Familiennachzug von 1.000 Menschen pro Monat. Eine vom Parteitag eingeforderte weitergehende Härtefallregelung – da die bisherige mit weniger als 100 Fällen pro Jahr völlig unwirksam war – konnte nicht durchgesetzt werden. Die neuen zentralen Aufnahme-, Entscheidungs- und Rückführungseinrichtungen (ANkER) können ein erster Schritt in Richtung der von der CSU geforderten Transitzentren sein. Ob diese Zentren an den Grenzen liegen, ist dabei nicht entscheidend. Wichtiger ist die Ausgestaltung. Aufgetauchte Zwischenstände zu den neuen Asylzentren ließen mit einem Sachleistungsprinzip und einer Residenzpflicht aufschrecken. Hinzu kommen neue Punkte, wie dass Menschen bis zu 18 Monate in den Asylzentren festsitzen könnten. Was das für die Integration heißt, liegt auf der Hand. Ein weiteres großes Problem bildet der Umgang mit neuen sicheren Herkunftsstaaten. Die Erweiterung um die Maghreb-Staaten ist schwierig. Schwerer wiegt der Automatismus zur Erweiterung der Liste durch Länder, die unter eine Anerkennungsquote von unter 5% rutschen. Dies ist keinesfalls mit sozialdemokratischer Politik vereinbar.

Genauso problematisch, wie die Aufführung vieler restriktiver Elemente in der Flüchtlings- und Asylpolitik ist das komplette Fehlen eines Gestaltungsanspruchs unserer Einwanderungsgesellschaft. Es sollte klar sein, dass vor dem Hintergrund unserer vielfältiger werdenden Gesellschaft eine fortschrittliche Politik notwendig sein wird, um den Zusammenhalt zu stärken. Dass dieser Part komplett fehlt, ist höchst problematisch. Hierfür stehen Themen aus dem SPD-Wahlprogramm wie bspw. das Staatsbürgerschaftsrecht, die Antidiskriminierungspolitik, die Interkulturelle Öffnung oder die notwendigen strukturellen Veränderungen in der Integrations- und Migrationspolitik.